Ulla 1. Session – Bulimie 31.03.2006 Ulla
Kl : Ja, also ich bin auf einem Schiff eine Treppe runter gelaufen, und bin jetzt
in so einem Gang mit so – wie in so einem Schiff eben – mit so Metalltüren,
links und rechts. Jede Menge.
Th: Gut, such Dir eine aus! Bleib an einer stehen, wenn Du eine hast.
Kl: Wer die Wahl hat, hat die Qual – weiß gerade gar nicht, welche
ich nehme... ich nehme die mittlere links.
Th: Du kannst das Thema drauf schreiben, wenn Du willst. Du wolltest wegen Deiner
Bulimie nach schauen...
Kl: Hm! *bejahend*
Th: Und jetzt schreib es drauf!
Kl: Ja, ich schreib *kotzen* drauf.
Th: Gut, bist Du bereit, die Tür zu öffnen?
Kl: Ah, puuuh, ja. *atmet tief durch*
Th: Dann öffne sie jetzt! (Geräusch einer sich öffnenden Tür
wird eingespielt)
Was siehst Du? Was ist da?
Kl: Ich sehe jetzt erst mal noch... hm.... was ist das?
Th: Beschreibe mir doch mal den Fußboden oder die Wände...
Kl: Das sieht aus wie Wolle.
Th: Ja? Wie muss ich mir das vorstellen? Einen ganzen Raum voll Wolle, oder...?
Kl: Die Wände sind aus Wolle?! Oder so.... so gestrickt... wie so... wie
wenn ich *lacht* im Innern eines Strumpfes wäre. So ähnlich. Nur dass
der Strumpf ein Raum ist, also es ist ein Zimmer – kein Strumpf, sondern
ein Zimmer – aber es sieht aus wie gestrickt.
Th: Ja. Gut. Geh mal ein bisschen tiefer rein: Spür mal den Fußboden
unter Deinen Füssen: Ist der fest? Trägt der? Oder wie fühlt der
sich an?
Kl: Fußboden... das kann ich jetzt gar nicht so wahr nehmen... der ist irgendwie
nicht fest, aber auch kein Loch oder so, sondern so ein... so... wie so ein Wasserbett.
Ich bin auch auf allen vieren. Das ist nicht so ganz fest.
Th: Ja. Wie fühlst Du Dich? Wie geht es Dir jetzt?
Kl: Mir wird schwindlig. Uaah. Das ist total blöd.
Th: Sag das mal dem Raum! Red mal mit ihm!
Kl: Es ist total blöd, Raum, dass ich jetzt hier bin und dass Du jetzt so
komisch aussiehst, wie eine Socke und dieser Fußboden ist echt... *atmet
schwer*... ja, mir wird schon halb schlecht, so, mmmh....
Th: Dann stell die Standartfrage: Was willst Du mir damit sagen? Oder: Was soll
das? Warum bist Du aufgetaucht?
Kl: Was willst Du mir jetzt sagen damit? Warum bist Du jetzt da? Das ist... das
ist das Symbol... für... mein... wie es mir geht. Das drückt aus, wie
es mir geht.
Th: Gut. Du hast ein bisschen schwankenden Boden, Dir ist schwindlig...
Kl: Ja. Ja.
Th: Es war alles ganz wohlig da drin...
Kl: Ja, nee... uaaah... *atmet schwer*
Th: Dann frag den Raum doch mal: Wo bist Du denn entstanden?, und schau mal, was
er Dir zeigt. Dir sagt.
Kl: Wo bist Du entstanden? Ooh, jetzt kommt eine ganz laaaang gedeeehnte Stimme,
so „uuuh, vor laaaaaaaaaaaanger Zeit“ sagt er so... so ganz... wie
durch... wie durch... das kann ich gar nicht erklären, wie durch einen ganz
weiten Raum.
Th: Gut, dann sag ihm: Führ mich dahin! Nimm mich mit! Zeig mir das!
Kl: Ja, führ mich jetzt mal hin, ich möchte gerne wissen, wo das ist.
Th: Genau. Und dann sei mal dort. Schau mal, wo Du hin kommst, was da ist, was
auftaucht.
Kl: Ah, ich fühl mich total beklemmt.
Th: O.k. Körpergefühl ist schon da, guck mal, in welcher Situation bist
Du dann? Öffne einfach mal Deine Augen, schau Dich um, sag mir, wo Du bist.
Kl: *ist aufgeregt*, ich kann gerade noch gar nicht meine Augen öffnen.
Th: Ist o.k., lass Dir Zeit.
Kl: Ich merk auch, dass da gar nicht hin will. Also ich will eigentlich gar nicht.
Hab eigentlich gar keine.... ich meine, ich will schon, das ist jetzt echt ein
Widerspruch...
Ich will ja! Aber irgendwie will ich auch nicht. Ganz klar: Ich will und ich will
nicht.
Th: Dann geh mal mit dem Teil, der dahin will.
Kl: Dann muss ich das zulassen.
Th: Du kannst es Dir ja von Außen anschauen, kannst schauen, was Du wahrnimmst,
was da ist, was Du siehst. Vielleicht zuerst als Beobachter, das ist leichter.
Kl: Hm....
Th: Oder schau mal, was Du willst, alles o.k.
Kl: *atmet tief durch*, o.k. also jetzt... ich möchte jetzt schon gern...
ich möchte jetzt gerne... das ist so, wie wenn mich jetzt so was dahin drängt,
zu dem Bild, wo ich gestern war, und ich will aber gar nicht hin. Also so wie:
Nö, das will ich jetzt aber nicht. Ja, o.k., ich bin jetzt aber schon da.
Th: Ah ja, dann beschreib mal, was Du siehst!
Kl: Also ich sehe eine Küche, und ich sehe auf der rechten Seite ist das
Fenster und da ist ein Wellensittich in seinem Käfig, ja, den sehe ich gar
nicht, aber ich weiß, dass er da ist. Und da ist ein Tisch und eine Eckback
glaub ich, das müsste eine Eckbank sein, und da vorne ist die Tür –
den Raum kenne ich, das ist beim...*fängt an zu zittern* – und auf
der linken Seite ist...ja, so die Küchenzeile, und eigentlich ist das gar
kein Wickeltisch oder so, aber ich liege... ich glaube, ich liege da... oder da
könnte ich mich jetzt mal so orten... oder das ist so der Ort, wo ich mich
jetzt fühle, ich sehe mich jetzt gar nicht aber...
Th: Wie alt bist Du ungefähr?
Kl: Och, ganz klein, ich bin noch im Wickelalter –das war ich gestern auch
– also das weiß ich ganz genau: Ich bin noch ganz klein, ich bin ein
Jahr, oder zwei.... also unter drei. Im Strampelalter. So.
Th: Ja, dann schau einfach mal, was passiert, was beobachtest Du? Es muss einen
Anfang haben, irgendeinen Ursprung. Guck mal, was passiert.
Kl: Ach ja jetzt sehe ich einen.... also ich sehe jetzt einen Laufstall und das
ist das Kind drin.
Th: Wie sieht es denn aus? Geht es ihr gut?
Kl: Das sieht süß aus! Es hat so blonde Locken... es ist gold... das
bin ich.... ich bin süß. Und ich halt mich so, oder – ich sehe
mich ja jetzt von Außen – das hält sich so...
Th: An den Gitterstäbchen fest?
Kl: ... das ist so ein Netz. Keine Stäbchen oder Stäbe, das ist ein
Netz und an dem Rand oben, und zwei Zähne sind schon da. Ja, so ein kleiner
Windelpupser, sag ich jetzt mal, mit so einer roten Hose.
Th: O.k. Du hast zwei Möglichkeiten: Du kannst hin gehen und die Ulla –
wurdest Du früher schon Ulla genannt?
Kl: Weiß ich gar nicht?! Ulla? Ullala? Ulla? Ja. Ulla. Ja.
Th: Dann geh einfach mal hin zu der Ulla, oder Du kannst einfach mal gucken, was
von selbst passiert, wenn Du weiter nur beobachtest.
Kl: Also ich setzt mich jetzt gerade an die Eckbank da – ich möchte
eigentlich beobachten, ich möchte mich da jetzt hin setzen und ich möchte...
ich bin unsichtbar...
Th: Ja, ja.
Kl: Und ich möchte jetzt da eigentlich wissen, was... es ist ja niemand da,
ich bin ja allein, das Kind ist allein...
Th: Ja, das kann sich ja gleich ändern. Du kannst ja so ein bisschen Zeitraffer
machen: Ein bisschen vor gehen in der Zeit, bis sich irgendwas verändert,
irgend jemand auftaucht, etwas passiert. Schauen wir mal, was passiert.
Kl: Ich höre Schreie. Geschrei. Geschrei.... so im Hintergrund – es
ist nicht so laut, aber ich höre es. Da poltert es, die machen da .... irgendwas
ist da los – und ich krieg Angst. Das Kind kriegt Angst. Was ist da jetzt?
Das fängt an das Gesicht zu verziehen. *zittert*
Th: Einfach nur beobachten, was passiert, es ist alles o.k.
Kl: Ja, das wird unruhig, das merkt eben irgendwie, dass da jetzt was nicht stimmt.
*kurze Stille*. Schreierei ist da hinten, im Hintergrund.
Th: Welche Stimmen sind das denn? Ist das männlich oder weiblich?
Kl: Beides. Beides. Richtig... das geht richtig ab. Schläge – ich weiß,
dass die sich schlagen, ich sehe es nicht, aber ich weiß es. Die schlagen
sich.Die schlagen sich. Meine Mutter kriegt von ihrem Vater, meine Oma ist da
mit da, meine Mutter, die.... die heult... und das ist das dann.... dann betrinkt
sie sich. Oder nimmt sie Tabletten, oder macht sie irgendwas. Also... aber an
mich denkt sie überhaupt nicht, ich meine, das hatten wir ja gestern schon.
Th: Also Du kannst schon wahr nehmen: Die Tine da, die kleine, die wird nicht
so...
Kl: Die wird total vergessen! Das ist ja völlig unwichtig, das Kind da! Die
machen da ihren.... ihren Drama-Scheiss da.... und denken nicht dran, dass da
dieses Kind... dass ich da... in dem Gitterdings da stehe und Angst krieg... *zittert
immer stärker*
Th: Spür mal, was Du machen willst, Dein Körper wird ganz unruhig. Guck
mal, was Du machen willst: Was ist es?
Kl: Ja ich will da raus!
Th: Ah ja.
Kl: Ich komm da aber nicht raus. Ich will gucken, was das los ist, aber ich komme
da nicht raus, das ist ja bescheuert, das ist ja voll das Gefängnis.
Also, das find ich unmöglich. *atmet schwer*, was machen denn die für
Sachen? Hmmm, das verstehe ich nicht, also das ist mir echt.... irgendwie...
Th: Guck doch mal nach, oder spür mal, was für ein Grundlebensgefühl
stellt sich jetzt ein? Was ist so Deine tiefste Grundhaltung jetzt? Oder: Was
nimmst Du wahr?
Kl: Ach ja..... puuuuh....
Th: Oder was ist der erste Satz, der Dir kommt?
Kl: Grau. Grau. Laang, lange Arme, lange, lange Arme und nichts erreichen, nichts...
*greift mit den Händen in die Luft, streckt sich mit den Armen nach etwas
unerreichbarem aus* ...ich fasse... ich will, ich will, dass jemand da ist, ich
will, dass jemand kommt... und es kommt niemand... ich versuche es immer zu erreichen...
ich strecke mich und strecke mich...und... aber *Tränen steigen in die Augen*,
es ist keiner da! So ist das. So fühle ich mich. Ich strecke mich immer nur.
Th: Ist das so ein Grundgefühl von Bulimie? Spring mal hin und her. Guck
mal, ob es da irgendwas ähnliches gibt, wenn Du wieder am Kotzen bist.
Kl: Bulimie ist davor flüchten. Glaub ich. Oder nee, glaub ich das? Oder
weiß ich es? Da muss ich gerade mal nachfragen.
Th: Geh mal zum „Kotzmoment“ hin, oder kurz vorher, bevor Du Dich
entscheidest zu kotzen, guck mal, was ist das für ein Gefühl! Ist das
so etwas ähnliches?
Kl: Verzweiflung! Verzweiflung ist es!
Th: Ist es so etwas ähnliches? Spring mal hin und her!
Kl: Ja, doch, es ist auf jeden Fall etwas ähnliches, auf jeden Fall ist das
etwas ähnliches... ja... ganz klar... aber das Gefühl kann ich nicht
beschreiben, ganz schlecht.
Th: Aber wenn Du dann kotzt, dann ist das wenigstens eine Erleichterung, dann
ist etwas passiert, dann ist was draußen, dann...
Kl: Ich kann erst mal... ich kann erst mal das weg essen, das Gefühl weg
essen *weint*, dann ist es schon mal weg, und dann tut es aber weh und dann ist
es total scheiße und unangenehm ...*weint*...... und dann kann ich es wieder
raus kotzen. Das ist ja einfach. Will ja nicht so dick werden wie die alle, ne?
Wie mein Stiefbruder und meine Stiefmutter, die.... der wiegt ja 120kg. Und das
ist ja schrecklich. Das will ich ja nicht. Aber so dieses weg essen... Zucker...
das ist nur irgendwie so... was Süßes einfach.... süß....
das Leben ist überhaupt nicht süß. Es ist nicht süß.
Aber der Zucker, der ist totaler Schwachsinn, weil das ist ja nicht von Innen.
Es fehlt ja INNEN. Und das ist von Außen.
Th: Gut. Dann geh doch mal hin zu der Ulla. Die steht ja immer noch in ihrem Ställchen
und kommt nicht raus und macht lange Arme und keiner kommt, sie hört Schläge
und Schreien und... geh Du doch wenigstens mal hin zu ihr, dass sie da nicht so
allein ist.
Kl: Ja. Ja.
Th: Guck mal, ob sie Dich wahrnimmt, oder sich freut, oder reagiert...
Kl: Ich geh da ganz vorsichtig hin.
Th: Genau. Damit sie keine Angst kriegt, Dich wahr nimmt.
Kl: Ja, ich geh dann in die Hocke, damit ich ihr in die Augen schauen kann.
Aber jetzt sagt sie mir gerade, dass sei sie schon gewöhnt, alles.
Th: Ah ja. Das passiert öfter.
Kl: Ja, sie ist das schon gewöhnt, hat sie gesagt. Hä?
Ihre Augen sind so....
Th: Sag es ihr direkt, rede mit ihr!
Kl: Deine.... Deine Augen... die... sind so... die...
(Der Therapeut legt sich nun neben die Matratze der Klientin – ohne sie
zu berühren, nur sehr dicht ran gerückt)
Kl: ... *stockt*.... die haben so eine Tiefe.
Th: Mhm. Sag es ihr. Rede mit ihr.
Kl: Deine Augen.... *hält inne*.... Oh Bernd, Du irritierst mich gerade total.
Th: Ja. Beschreib mal, was passiert!
Kl: Ooooooch..... *atmet schwer aus* puuuuuuuuh.... *flüstert* ..... ich
hab Angst.... oh Gott...
Th: Dann schau Dich mal um: Was passiert? Guck mal: Wer kommt? Was kommt?
Kl: *atmet schwer*.... oh Gott... hhhhhhhhhh........ ah, ich kann ja nicht davon
rennen. *leise*
Th: Wie bitte?
Kl: Ich kann nicht davon laufen. Tzzz, hhhhh........ hei, wer kommt denn da? Da
kommt irgendjemand.... *atmet schneller*.... *stoßartig*.... *fängt
an zu stöhnen, angstvoll*.... och Gottchen, ich werde ganz taub, meine Nase
wird taub, mein Gesicht wird taub... meine Nase wird ganz taub! Ah! Aaah! Mein
Mund! *atmet stoßartig und wird dabei lauter* .... AAAHHH.... *fängt
an zu schluchzen, zu weinen* ... aah... *angsterfüllt*
Th: Gib mir Deine Hand. Guck mal, was passiert?! Guck mal hin.... guck hin!
Kl: *atmet ruhiger, aber noch immer stoßartig*... *wird ganz ruhig*
Th: Jetzt steigst Du aus, gell?
Kl: Oh ja.
Th: Beschreibe mal, was Du siehst.
Kl: Ich sehe jemanden, aber ich sehe kein Gesicht, ich sehe nur eine Person...
Th: Beschreib einfach alles, was Du wahr nimmst.
Kl: *atmet stoßartig, ängstlich*
Th: Aus welche Position siehst Du es?
Kl: Ich bin hinten. Hinter dem.
Th: O.k. Was macht der? Schau hin.
Kl: *atmet ganz flach* Er hat das Kind da hoch gelegt. Da hoch auf das Ding...
auf das... auf das...
Th: Wickeltisch
Kl: Das ist kein Wickeltisch, das ist die Küchenplatte!! *aggresiv*
Th: Was macht er?
Kl: Irgendwie begreift das Kind total, dass das jetzt nicht so stimmt!
Th: Ja.
Kl: Verdammt hey, wer ist das denn, ich werde narrisch!
Th: Geh mal mit Deinem Bewusstsein so an der Seite hoch und guck mal: Was passiert?
Kl: Wie bitte?
Th: Geh mal mit Deinem Bewusstsein so an der Seite hoch und schau mal, was passiert.
Du kannst jede Position einnehmen. Du kannst überall gucken.
Kl: Also, das ist ein ganz widerlicher Kerl. Ein ganz widerliches, widerliches,
widerliches, widerliches, widerliches, schleimiges.... schleimiges... schleim-i-g-es....
*weint*
Th: Guck mal hin, was macht der? Guck hin: Was macht er?
Kl: Das ist ja... wie so ein... schleckt... der schnauft.... er schnauft und er
schnauft und .... er ist... er ist irgendwie... er ist.... argh... das kann ich
nicht glauben, aber ich sehe es!
Th: Drück es aus! Spreche drüber! Sag es ihm!
Kl: Das KANN ich nicht glauben! Der dammdermachtdieam... *stammelt*... er hält
das Kind. Er hat es ausgezogen, den Unterleib hat er ausgezogen, von dem Kind,
und die Beinchen, die findet er ganz besonders toll... und er streichelt sie...
und... aber nicht wie ein Papa.... oder eine Mama... sondern ... ich merke das,
dass meine Ohren jetzt.... meine Ohren werden taub. Alles wird taub. Meine Ohren,
mein Kopf wird taub... meine Hände werden taub... alles wird taub....
Th: Gefühllos. Hm. Dein Körper zittert. Guck mal, was Du machst: Bleibst
Du im Körper? Gehst Du raus? Guck mal, was geschieht. Guck mal, ob Du aus
den Augen schauen kannst, oder wo Du bist.
Kl: Alles wird immer leiser. Ich hör nix mehr. Ich höre gar nix mehr.
Ich gehe ganz weg. Ich gehe ganz weit weg.
Th: Du gehst ganz raus.
Kl: Ich gehe ganz weit weg. Ich hör nix mehr. Ich höre gar nix mehr...
ich bin...
Th: Dein Körper zittert richtig, ja, der ganze Bauch zittert. Ja.
O.k. Dann komm zurück und schau es Dir an. Es ist wichtig, dass Du hin schaust!
Guck mal: Was passiert und was macht der?
Kl: Ich bin in mir drin und es ist ganz still. Ich bin ganz... ich bin in einer
ganzen, großen... tiefen Stille drin.
Th: Ich weiß, aber Dein Körper zittert. Dass ist so wie, als ob Du
Deinen Körper allein lässt und einfach gehst.
Kl: Ja, das stimmt, ich lass ihn alleine. Ja, das stimmt?!?!
Th: Und das muss auch was mit Deiner Bulimie zu tun haben.
Kl: Aber ich kann das. Ich kann weg gehen.
Th: Ich weiß. Du gehst raus und dann... ist es egal, was passiert.
Kl: Genau ja. Ja.
Th: Aber Du lässt Dich zurück! Du lässt den Körper zurück!
Kl: Mein Körper? Ich hab einen Körper?
Th: Ja. Du müsstest wieder zurück gehen, dann würdest Du ihn fühlen.
Dann würdest Du ihn spüren. Dann würdest Du spüren, wie er
zittert. Er zittert ganz stark. Der ganze Bauch zittert.
Kl: Ein Teil von mir fühlt es. Ein Teil von mir fühlt meinen Körper
noch. Aber es ist still.
Th: Kennst Du den Zustand aus Deinem Leben? Dass Du raus gehst, aus Deinem Körper
und der Körper ist egal, es ist egal, was passiert, oder es ist egal, wer
was macht.
Kl: Ja. Hmmm.... aber eigentlich bin ich ja hergekommen, damit ich einen Körper
habe.
Th: Du weißt, dass Du einen hast, aber Du könntest jetzt wieder zurück
gehen und könntest fühlen, was passiert. Aber das kann heftig sein.
Du müsstest Dich dafür entscheiden.
Kl: Aber das bist gerade Du und es ist alles so schön geschützt hier.
Th: Ich bin weiterhin bei Dir.
Kl: Wenn ich zurück gehe... *fängt an zu weinen*... ich hab solche Angst!
Ich hab solche Angst! Ich hab solche Angst! Ich hab Angst! Ich hab Angst! Ich
will das nicht wahr haben! Ich will das nicht wahr haben! Ich will das nicht wahr
haben! Das ist nicht passiert! Das ist nie passiert! *weint* Nie! Es ist nie passiert!
Th: Ich weiß. Aber Du spürst es schon, nicht? Deine Beine werden ganz
unruhig. Und Dein Körper weiß es.
Kl: Ja, ja! Es ist der.... genau das ist es, jetzt krieg ich einen Tipp! Ah, aha,
ich krieg den Tipp von...äh... *atmet stoßartig*... da... da...
Th: Lass es da. Beschreib es.
Kl: Da ist er!
Th: Wer ist da?
Kl: Der knabbert! Der knabbert an meinen Beinen! Der knabbert an meinen Beinen,
wie wenn ich ein Hühn... ein Hühnch.... ein Stück Fleisch... ein...
und der hat Engelsflügel! Die sind hinge... die sind so... wie an Nikolaus.
Wenn diese Nikoläuse mit ihren Engeln... mit den Rauschgoldhaaren da und
den aufgesetzten Flügeln! Solche Flügel hat der aufgeschnallt. Die sehe
ich. Die sind da hinten auf dem Buckel und die hat der dran und... es ist ein
Teufel. Eine Teufelsfratze mit einem Teufelsgesicht und mit den Engelsflügeln
und der macht mir meine Beine... an meinen Beinen.... der macht an meinen Beinen
rum! Ach ja, genau, ich hab die ja alle in die Hundehütte geschlossen –
den hab ich wieder raus gelassen, jetzt.
Th: Wer war es? Wer ist es? Schau mal hin. Schau mal in die Augen.
Kl: Bääh *angewidert*, das ist irgendwie eine Fratze.
Th: Dann rede mit ihm: Du!
Kl: *atmet zweimal tief ein und aus, wie: Sammelt Mut* Du bist eine Fratze! Ich...
kann ich ihn?
Th: Du könntest ihm die Maske runter ziehen.
Kl: Der guckt immer nur her und macht dann weiter.
Th: Ja.
Kl: Aber jetzt bin ich ganz ruhig. Ich kann das jetzt beobachten.
Th: Gut, dann guck einfach mal, was er weiter macht!
Kl: *atmet tief durch*
Th: Fühl mal... was macht er?
Kl: Ich hab ja keine Beine. Das sind jetzt nicht meine Beine. Ich bin hier *zeigt
auf ihren Bauch*, ich bin bis hier.
Th: Ah ja, o.k. abgeschnitten. Guck doch mal, ob Du nicht rein gehen kannst...
Kl: In die Beine?
Th: In Deinen Körper, dass du Deine Gefühle wieder wahr nimmst: Was
tut er? Wie fühlt es sich an?
Kl: Ich sehe es jetzt erst mal.
Th: O.k.
Kl: Also er.... wäääh... das ist witzig... das Bild ist der Hammer!
Na ja, witzig? Ich weiß auch nicht, aber... das ist wie so ein... *leckt
sich mit den Lippen über den Mund*...
Th: Der ist gierig?
Kl: Ja. Wie so ein... so ein... Rotz... so eine lange Zunge hat der. Und die...
und die... und diese Zunge, die... die ist da an meinen Beinen... hm.
*hält inne, atmet aus* Ach weißt Du, ich hab das irgendwie gelernt.
Th: Raus zu gehen. Ich weiß.
Kl: Ich hab das gelernt. *ausatmen*. Aber jetzt sagt mir gerade was in mir „Du
gibst gerade auf!“, und „Du willst doch gar nicht aufgeben!“.
Th: Du hast vielleicht damals schon aufgegeben. Spür das mal. Du hast aufgegeben.
Du bist raus gegangen, und hast gesagt: Ist o.k.
Kl: Ja, so fühle ich mich auch gerade: Ich gebe auf. Ich hab aufgegeben.
Ich geb auf, ich geb, ich geb, ich geb auf.
Th: O.k. Geh mal in Dein Leben und guck mal: Was ist selbstähnlich? An welchen
Stellen kennst Du genau dieses Gefühl? Ähnliche Situationen. Schau mal:
Welche kommt sofort? Welche ist da? Die erste, die kommt, die ist schon da.
Kl: Ich hab meine Ehe aufgegeben.
Th: Dann geh mal in Deine Ehe, guck mal, was passiert. Was war ähnlich wie
hier?
Gab es ähnliche Situationen? Die erste, die kommt.
Kl: Äh, da kommt gerade nix, hm, Moment. Ich hab kämpfen aufgegeben.
Th: Nee, nicht allgemein bleiben. Guck mal, welche Situation kommt! Genau zu diesem
Gefühl.
Kl: Welche Situation kommt...
Th: Welche gehört dazu? Woher kennst das Gefühl noch? Wo drückt
es sich noch aus?
Kl: Ich hab aufgegeben... ich hab aufgegeben, etwas zu verlangen.
Th: Was zu erwarten.
Kl: Ich hab mein Verlangen aufgegeben.
Th: Zeig mal, was das heißt. Beschreib mir das mal.
Kl: Das ist wie mit meinem ersten Freund. Der... unsensible Blödmann, sag
ich mal.
Th: Lass ihn da sein.
Kl: Ich lieg hier und der steigt auf mich drauf. Und ich lass es einfach machen.
Th: Das ist genau das Gefühl: Du gehst aus Deinem Körper raus und er
darf mit Dir machen, was er will?
Kl: *atmet tief*
Th: Spür mal.
Kl: Ja, *schluckt*, klar.
Th: Ist das so was wie: Du spürst es dann nicht, was passiert?
Kl: Ich spüre es nicht, nee.
Th: Was passiert aber in Dir? Warum erlaubst Du es? Ist es so etwas wie: Du musst
es tun? Oder: Du kannst Dich nicht wehren? Oder was ist das Grundgefühl dahinter?
Und vergleich das mal mit diesem Baby, mit diesem Kind!
Kl: Ich will .... ich will... ich will ja, dass er bei mir ist. Oh Gott, ich will
ja, dass er bei mir ist. Und wenn er dann das haben will, dann soll er sich’s
halt nehmen.
Th: Ja. Ist das identisch zu damals? Geh mal hin und her.
Kl: Oh Gott, was rede ich da???
Th: Ist alles o.k. Geh mal hin zu dem Mädchen, guck mal, ob das identisch
ist!
Kl: Das brauch ich gar nicht groß gucken, das weiß ich: Das ist so.
Das war jetzt gerade ein Satz, der war total stimmig. Das war TOTAL stimmig.
Th: Klingt so ein bisschen wie „Dein Papa damals“... ist es Dein Papa,
der vor Dir ist?
Oder wer ist es? Dein Opa?
Kl: Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.
Th: Geh mal rein in das Kind und schau mal, ob Du es nicht erkennen kannst! Oder
frag die Person mal, jetzt. Geh mal hin, sei mal dieses Kind und frag diese Person:
Wer bist Du?
Kl: Ja. Wer bist Du? Wer bist Du? Wer bist Du? Ich sehe bloß einen Mund.
Th: Hör mal, was er sagt, der Mund.
Kl: Der macht so: „Uuuuuuuh“ *spitzt die Lippen und zieht den Laut
lange raus*
Th: Gut. Dann frag: Bist Du Papa, ja oder nein? Frag ihn direkt!
Kl: Bist Du mein Papa? Ich kann es nicht erkennen. Hmmmm... es ist so verschwommen
alles.
Th: O.k. Frag mal nach Deinem Opa.
Kl: Da ist doch ein.... bist Du mein Opa? Es ist alles so verschwommen... ich
kann kein Gesicht sehen, ich kann nix sehen.
Th: Ist o.k.
Kl: Ich find das aber doof. Ich will das ja sehen!
Th: Ulla, guck mal, ob das geht, dass Du als heutige Ulla dahin gehst und ...
greif mal ein: Schubs ihn mal weg, oder stoße ihn mal an oder sag ihm irgendwas!
Guck mal, was passiert, wenn Du da jetzt hin gehst. Weil die Dreijährige,
für die ist das schon schwierig. Die kann ja nur raus gehen, aus dem Körper.
Kl: Also wenn ich da jetzt.... jetzt muss ich wieder dahin (in die andere Ulla)...
wieder setzen... da kann ich überhaupt nix machen. Ich bin absolut nicht
in der Lage irgendwas zu machen.
Th: Ist klar. Hast Du das Gefühl, dass das irgendwie öfter passiert
oder ist es einzigartig? Das erste mal? Einfach nur das Grundgefühl dazu.
Kl: Das ist so altbekannt.
Th: O.k. Das ist halt so.
Kl: Hm. Und merk meine Hände, die... werden immer so taub, dass ich nicht
handeln kann, sagt das. Ich kann nicht handeln, die sind ganz taub. Ich bin total
handlungsunfähig. Das finde ich aber echt total bescheuert.
Th: Ja, da kommt es her, klar. Gut. Guck mal, ob Du da nicht von heute, als heutige
Ulla dahin gehen kannst und kannst der kleinen Ulla helfen. Guck mal, ob das geht.
Weil heute kannst Du ja schon ein bisschen eingreifen, was tun, sagen, machen.
Kl: Hm... ich möchte den da so am liebsten so....
Th: Ja, mach das, genau. Tipp ihm auf die Schulter und frag ihn, was er macht
und wer er ist.
Kl: Duuuuu..... der ...der... das ist ein Monster, das ist ein Monster, und das
dreht sich kurz her *schlürfendes, schleckendes Geräusch*, irgendwie
so ganz komisches fratzen-mäßiges Gesicht, guckt mich kurz an, wie
so ein Alien, oder so ein Gremlin... oder so eine Monstergestalt, aus dem Fernsehen,
so sieht der aus, so ganz komisch, Schlitzaugen...
Th: Ist o.k.
Kl: .... und so ... *zeigt, wie es sich über die Lippen schleckt, schlürft*
und guckt mich kurz an und dann dreht er sich wieder zurück und macht weiter.
Also das ist ja wohl...
Th: Dann müsstest Du mehr eingreifen. Ihm z.B. sagen, dass das Kind das nicht
will, dass er aufhören soll, oder wer ihn geschickt hat – das ist ja
mittlerweile so ein Symbolbild geworden, ein Monster geworden, im wahrsten Sinne
des Wortes..
Kl: Also das ist.. ja... da.. und ... ähm...
Th: Das Kind hat das als Monster erlebt und so abgespeichert, und das siehst Du
jetzt, klar.
Kl: *atmet schwerer*
Th: Guck mal, ob Du was machen kannst.
Kl: Jetzt ist wieder dieses: Ich will greifen, greifen und greifen, greifen, und
das.. ich komm nicht ran.
Th: Du kommst nicht ran.
Kl: Nein.
Th: O.k. Setz Dich mal auf. (Gibt ihr ein Dyhando in die Hand). Probier mal, ob
Du ihn irgendwie aufhalten kannst, mit dem hier.
Kl: *nimmt das Dyhando*
Th: Guck mal, ob das geht. Es ist jetzt Deine Aufgabe, dem Kind zu helfen, damit
er aufhört, an ihm rum zu machen. Versuch es, bringt ihn dazu, dass er aufhört.
Weil wir müssen erst mal das Kind von ihm befreien. Guck mal, ob Du das kannst.
Bevor Du ganz weg rutscht, bevor Du ganz drin hängst. Ich bin hier.
Kl: *richtet sich auf*
Th: *Unterstützt sie mit der Hand (auf dem Rücken). Zeigt ihr, wie man
mit dem Dyhando hauen kann. Macht es vor.* Allein schafft die das nicht. Die braucht
auch jetzt Hilfe. So. Ist alles frei, ist alles o.k.
Kl: *atmet schwer* Buuoh. *schwankt hin und her*
Th: Ich weiß, der Schritt ist groß, aber... guck mal, ob Du den irgendwie
machen kannst.
Kl: *atmet schwer*, mir ist ganz schwindlig.
Th: Ich weiß. Schwindel heißt auch immer so ein bisschen abhauen.
Weg davon. Zuviel.
Kl: *schwankt hin und her*
Th: *fängt sie auf*, bleib mal da! Bleib mal da! Bleib mal da! Bleib da!
*stützt sie* Bleib mal da! *macht Geräusch mit dem Dyhando*, guck ihn
mal an! Du musst der Kleinen jetzt helfen! Die kann das nicht allein Ulla!
Kl: Oh, ich wird total schwach.
Th: Ich weiß, ich weiß. Bleib mal da! Komm mal her!
Kl: *kippt nach rechts hinten weg*
Th: *fängt sie auf, stützt sie* Ulla! Komm! Komm, bleib da! Ich kann
es nicht für Dich machen, ich kann Dir nur helfen.
Kl: *stöhnt*
Th: Hm. Guck mal, dass Du eingreifst! Komm Ulla! Komm!
Kl: *stöhnt*, oh Gott... *versucht sich zu überwinden*
Th: Guck mal, dass Du es hin kriegst!
Kl: *atmet tief druch*
Th: Weil sonst rutschst Du wieder in das *ausgeliefertsein* rein, und dann kannst
Du nix machen und...
Kl: Ja!
Th:... und das ist der Mechanismus, der auch passiert ist und.. (Kassette wechselt)
Das hat sich festgesetzt, ist ein ganz tiefer körperlicher Mechanismus, wahrscheinlich
sogar im Kleinhirn da oben.
Kl: Und der macht mich dann weg.
Th: Klar, und deshalb musst Du jetzt *schlägt mit dem Dyhando auf den Boden*
eingreifen! Du musst jetzt was tun!
Kl: Ich will jetzt hier sein! Ich will jetzt nicht taub werden! *weinerlich*
Th: Ja! Ja, genau! Komm her, tu mal was!
Kl: Ich will jetzt hier sein!
Th: *macht es vor, schlägt in Abständen auf den Boden*
Kl: Ich will jetzt hier sein!
Th: Schlag mal auf den Boden! Mach mal!
Kl: *will schlagen, kann aber nicht, zögert immer wieder, vor, zurück,
vor...*
Th: Tu es! Komm, komm, ich helfe mit! Ich bin da! Ja, trau Dich!
Kl: *atmet immer schneller*
Th: Damit kommst Du nämlich ins Handeln, damit passiert nämlich was.
Kl: *atmet stoßartig, schneller*
Th: Ja, ja, trau Dich, ja! Schlag ihn! Er soll auf hören! Sag ihm, er soll
aufhören!
Komm! Tu, ich helfe mit, ich bin da!
Kl: *Schlägt einmal auf den Boden, hält dann aber wieder inne*
Th: Komm, weiter, trau Dich!
Kl: Ooooh, ich.... das ist ja echt der absolute IRRSINN!!!
Th: Ich weiß! Ich weiß, aber Du musst der Kleinen da jetzt helfen!
Komm, Ulla, Du musst der Kleinen helfen!
Kl: *sackt nach vorn, Kopf nach unten, holt tief Luft, stöhnt dabei... *
*schreit dass die Wände wackeln*
Th: Schrei ihn an, ja, schrei ihn an, aber tu was! Sag ihm, er soll aufhören!
Kl: *kommt in die Handlung, schreiend* HÖR JETZT AUF!!!!!!
Th: Ja, genau! Sag ihm, er soll aufhören!
Kl: *wird ruhiger*, *flüstert drohend* Hör auf! Ah, hör auf! Hör
auf! Hör auf!
Th: Und guck mal, ob er hin hört! Guck mal, ob er Dich hört! Guck mal,
ob er aufhört!
Kl: Hör auf! Hör auf!
Th: Wenn er nämlich Deine Power spürt, dann müsste er aufhören.
Kl: Er ist jetzt... er... äher... er hat... er hält... er hält
inne!
Th: Ja, ja. Das ist schon mal gut. Guck mal, Du hast es schon mal erreicht, dass
er aufhört!
Kl: Er guckt mich an.
Th: Ja, klar.
Kl: Was ich will?!
Th: Zeig ihm, was er machen soll!
Kl: Was ich will???
Th: Ja, was willst Du? Sags ihm!
Kl: Sag mal... ich bin jetzt hier! Ich bin jetzt hier! Kennst Du mich? Du kennst
mich gar nicht, gell!
Th: Sag ihm, Du bist aus der Zukunft kommst, dass Du die kleine Ulla bist und
dass Du ihr jetzt hilfst und er soll aufhören! Irgendwas in der Richtung.
Kl: Du kennst mich noch gar nicht *flüsternd*
Th: Komm, tu, fordere ihn ein!
Kl: *atmet schwer, stoßartig*
Th: Der muss auf hören, sonst knabbert er ewig an Dir rum.
Kl: Du hörst auf jetzt! *schlägt einmal zu*, oh, nee, er macht weiter,
oh, oh, oaah...
Th: Dann hau ihm drauf *schlägt auf den Boden*, komm tu, sonst kriegst Du
wieder lahme Beine und alles mögliche...
Kl: Oah, oah, oooaaah.... *fängt an zu schreien*
Th: Ja, schrei ihn an! Schrei ihn an! Ja!
Kl: Aaaah, was machst Du!!! Aaaahh... *schreit laut und hell*... *krümmt
sich*...
Th: Ja, genau, zeig ihm Deinen Schmerz! Sag es ihm!
Kl: *bekommt kaum noch Luft*... *hält dann inne*... *schwankt*
Th: Bleib da! Bleib da! Bleib da! Zeig ihm das, was da ist! Und schau ihn an!
Schau ihn an! Schau ihn an!
Kl: *atmet schwer*
Th: Bleib mit Kontakt mit ihm, das ist ganz wichtig.
Kl: Er grinst! Er grinst und er lacht! Uuuuaaahh... das ist so... oh Gott... oh
wie der grinst! *Entsetzen*
Th: Tu was!
Kl: Oh Gott! Oh wie der lacht! *entsetzt*
Th: Sag es ihm. Red mit ihm.
Kl: Oh wie Du lachst! Oh ist das... oh Gott... ohgottohgottohgott... ohgott...
Oah.... oooh Gott.... *verzweifelt*
Th: Aber jetzt mach die Auseinandersetzung, jetzt ist er da, jetzt ist er aufmerksam,
Du siehst ihn, Du hast ihn gestellt. Und guck mal auf die kleine Ulla, wie die
reagiert, weil immerhin hast Du ihn schon abgelenkt.
Kl: *atmet ruhiger*.... ich sehe, ich seh.... ich seh... ich seh seine Augen,
ich seh eine Haare. *spricht leise*
Th: Sag es ihm! Rede mit ihm! Sag es ihm!
Kl: Ich sehe Dich! Ich sehe Dich jetzt gleich. Ich sehe Dich jetzt gleich... jetzt
gleich... jetzt gleich... Du hast... oh Gott nee.... oh nee.... oh nee.... oh
nee, oh nee... neee...
*kippt mit dem Oberkörper nach vorn auf die Knie und hält sich die Hände
vors Gesicht*
Th: Was ist? Bleib da! Bleib da!
Kl: *wimmert*, *immer leiser*
Th: Was ist? Ulla, drück es aus!
Kl: Oh Gott... oh Gott... ich... es ist unglaublich.... ich sehe dieses... ich
sehe.... ich sehe diesen wahnsinnig großen Mund, der grinst so, so hämisch
und so... und ich sehe die Haare... und das sind die Haare.... das sind die Haare...
das können nur die von meinem Vater sein, das geht nicht anders. *verzweifelt*
Th: Frag ihn, ob er es ist!
Kl: Papa bist Du es? Papa, bist Du es? *schmerzerfüllt* Ja.... er nickt....
*krümmt sich vor Schmerzen*.... *holt Luft und atmet in einem schmerzerfüllten
Laut aus* Aaaaah... oh nein... *brüllt* NEIN, nein, nein!!!! NEIN!!!! Ah,
nein, das glaub ich nicht! Das glaub ich nicht! *verzweifelt*
Th: Dann sag ihm, er soll Dir helfen, er soll Dir helfen! Dein Vater muss Dir
helfen, er muss der Kleinen helfen! Red irgendwie mit ihm. Zeig ihm Deinen Schmerz.
Zeig ihm Deine Verzweiflung. Alles o.k., aber zeig es ihm! Rede mit ihm! Bleib
in Kontakt mit ihm!
Kl: Oh Papa.... Papa.... oh Papa.... *weint und ist schmerzerfüllt*... nein,
nicht Du.
Nicht DUUUU!!! NEIN! Neiiiin.... aaaaah.... aua! Aah aua, aua, aua, aua.....
Th: Zeig ihm Deinen Schmerz!
Kl: *schluchzt laut* das tut so weh, guck mal! Oh nein! Oh nein! *sinkt wieder
in sich zusammen*, oh nein....
Th: Bleib in Kontakt mit ihm! Schau ihn an!
Kl: *kommt wieder hoch*, oh Papa, oah... oh Papa... er sagt, er hätte mich
geliebt.
Oh nein! Oh nein! Ich kann Dir nie wieder in die Augen gucken!
Th: Schau trotzdem hin, jetzt. Zeig ihm Deine Betroffenheit... oder was immer
auch passiert ist. Bleib in Kontakt mit ihm!
Kl: Er sagt, er war damals ein anderer. Er sieht auch anders aus, er hat ein viel
dickeres Gesicht. Er hat so ein dickes Gesicht.
Th: Frag ihn mal so was wie: Ob er immer, wenn er Zoff hatte, zu Dir gekommen
ist - weil vorher hatten wir diesen riesigen Streit draußen – hat
das damit was zu tun? Frag ihn mal so ein bisschen aus.
Kl: Papa, ist das die Wahrheit? Ist das überhaupt die Wahrheit? Eigentlich
brauch ich gar nicht fragen, sagt er, ich wüsste es doch!
Th: Ja, ja, aber den Dialog musst Du führen, das ist wichtig! Und er muss
es sogar sagen, weil er will es ja auch los werden, er zeigt sich ja in dem Moment,
er entlastet sich ja auch in dem Moment, es ist ja alles ein Geheimnis in Dir,
das ist eine gigantische Spannung.
Kl: *fängt an zu weinen* Er bricht zusammen. *schluchzt*, er bricht zusammen!
Er bricht zusammen. Nein... jetzt bricht er zusammen.
Th: Sag ihm, wie das für Dich ist.
Kl: Oh Gott, ich glaub es einfach nicht, was ist los mit Dir?
Th: Frag ihn mal, warum er das getan hat!
Kl: Warum? Warum hast Du das... warum... warum hast Du das gemacht? Warum hast
Du mir das angetan? *schluchzend, weinend* Warum hast Du das gemacht?
Er konnte sich nicht beherrschen! Er konnte sich nicht beherrschen.
Th: Sag ihm, wie das für Dich war! Dass Du immer aus dem Körper raus
gegangen bist... all die ganzen Sachen, erzähl es ihm! Er muss das wissen.
Er soll das wissen.
Kl: Weißt Du, was Du gemacht hast? So ein kleines Kind! Du warst nur an
den Beinen, aber... Du hast es gebrochen! Es ist zerbrochen! Es ist in der Mitte
auseinander gebrochen!
Th: Frag ihn, was er gemacht hat! Frag ihn, er soll jetzt alles sagen. Du bist
aus dem Körper raus, Du hast nur nix mehr gemerkt. Frag ihn, was er gemacht
hat!
Kl: Er hat mich geschleckt. *weint schmerzerfüllt*
*wird ruhiger* Er war betrunken. Oft.
Th: Oft?
Kl: Er war oft betrunken. Und er war.... Papa, wann! Wann hast Du das gemacht?
Wann? Ich will es wissen!
Th: Ja, er soll Dir alles sagen. Dann hat er es auch ausgesprochen, dann ist das
auch ein bisschen leichter vielleicht für ihn.
Kl: Wenn er mit mir allein war. Wenn er wusste, dass keiner kommt.
Th: Hat das was mit dem Zoff mit seiner Frau zu tun? Mit Deiner Mama?
Kl: Papa, hat das was mit dem Zoff zu tun? Das war der Opa und die Oma und die
Mama, die gezofft haben, sagt er... er... ja, das hat was damit zu tun! Ja, doch,
das hat was damit zu tun, weil die haben nämlich seine Frau fertig gemacht.
Er hat gar keine Frau mehr.
Th: Und er als Mann hat nicht einschreiten können, ist es so was?
Kl: Er konnte gar nix tun.
Th: Er kam sich vor wie ein Junge? So was? Frag ihn mal!
Kl: Papa...
Th: Er hätte normal seine Frau beschützen müssen.
Kl: Papa, was ist los? Warum? Was hab ich... was hast Du gefühlt? Den totalen
Irrsinn. Ja, er hat nicht gewusst was er tut. Er hat der Aggression... er hat...
er hat an mir was abgeladen. Wut und Hass.
Th: Ach ja, deshalb eine Fratze? Das heißt also, das war nicht nur seine
Geilheit oder seine Lust, sondern.... frag ihn mal!
Kl: Ja. Ja, da war viel mehr. Er hat so viel Hass. Er hat mich... er liebt mich...
er kann gar nicht richtig reden, der stottert voll rum. Der ist völlig fertig,
der Mann. Der ist total fertig, echt. Der ist total gebrochen. Er ist total gebrochen.
Und er ist wie... wie schizophren, so zweigeteilt. Er hat so zwei Gesichter.
Th: Beschreib mal beide.
Kl: Na, das eine, das ist dieser funktionierende... da funktioniert er, da geht
er arbeiten, Geld verdienen, die Familie ernähren und sich um alles kümmern
und das andere ist, dass er seine Tochter liebt, aber die ist noch zu klein. Und,
dass er Lust hat auf so ein kleines Kind und aber... komisch... jetzt... Papa,
guck mich mal bitte an! Ich will, dass Du mich anguckst! Er ist selbst gebrochen.
Er hat sein eigenes... er hat es auf mich übertragen. ER ist gebrochen! ER
ist zerbrochen! Er ist zerbrochen! Er ist zerbrochen!
Th: Sag´s ihm.
Kl: Du bist zerbrochen! Ja, er nickt, ich bin zerbrochen. Sonst hätte er
so was nie tun können. Und das weiß er auch jetzt nicht mehr, oder
das würde er nie....
Das hat er nicht getan. Er hat es nicht getan. NIE hat er das getan. Ein Teil
von ihm weiß das nicht. Das hat er NIEMALS gemacht.
Th: O.k. Frag ihn mal, wenn er es jetzt weiß, wie es ihm geht damit.
Kl: Jetzt, bei mir hier, wir wissen das jetzt. Wir wissen das jetzt. Wie geht’s
Dir jetzt damit, dass Du das jetzt weißt.
Th: Und dass Du das weißt.
Kl: Und dass ich das weiß. Keine Worte. *flüstert*, keine Worte. Das
ist mein Papa. Das ist MEIN Papa.
Th: Sag es ihm.
Kl: Du bist mein Papa. *schluchzt*, Du bist mein Papa! Von Dir hätte ich
es am allerwenigsten gedacht. Du Blödmann! Blödmann reicht gar nicht,
ich weiß nicht, ich find kein Wort dafür! Ich hab gedacht, der Opa
taucht auf, oder ein Onkel, oder irgendein blöder Wichser... aber nicht Du!
Nicht DU! Ja, bestimmt nicht Du! Ausgerechnet Du! Das ist doch zu blöd! Jetzt
zuckt er mit den Schultern. Zuckt der mit den Schultern?! So war es halt. Es war
halt so. Er war es halt.
Th: O.k. Guck doch mal, wie es der kleinen Ulla jetzt geht, die mit den drei Jahren.
Guck mal, wie es ihr geht.
Kl: Ja.
Th: Die hat das ja alles mitgekriegt jetzt.
Kl: Ja, die hebt den Kopf. Die guckt: Was ist denn da los? Was ist denn los? Die
guckt. Die guckt. Ist irgendwas passiert? Ist irgendwas anders? Hat sich was verändert?
Es scheint sich was verändert zu haben. Aber sie weiß noch nicht was.
Die checkt das nicht.
Th: Ja, das glaub ich.
Kl: Hm.
Th: Guck mal, ob Dein Papa ihr versprechen kann, dass er das nie mehr, nie mehr
macht. Oder sich vielleicht sogar entschuldigen kann. Bring die beiden mal zusammen
und guck mal, was passiert. Oder guck mal, ob das überhaupt geht.
Kl: Also wenn ich den jetzt auch nur in die Nähe von ihr bringe, dann....
sehe ich eigentlich nur, wie sie sich zurück zieht. Also, wenn sie es könnte,
aber in meiner inneren Welt kann sie es ja, dann flüchtet sie fluchtartig
in irgend so eine Ecke, und macht sich ganz klein.
Th: Dann zeig Deinem Papa: Guck mal, wie angstvoll Deine Tochter ist! Wie viel
Angst Deine Tochter hat. Wie viel Angst die Ulla hat. Der soll sehen, was er angerichtet
hat: Die hat Angst vor ihm! Ein Teil in Dir, als seine Tochter, hat Angst vor
ihrem Papa.
Kl: Ja.
Th: Und das kann er sich angucken.
Kl: Ja.
Th: Und das ist das, der Schaden, den er gemacht hat.
Kl: Ja. Papa, guck mal, das bin ich. Siehst Du! Das bin ich! Guck mal, in welchen
Situationen.... das hat sich wiederholt... da sind wir gestern in der Sitzung
drauf gekommen, und das ist jetzt schon ein paar mal, während wir das hier...
dass ich dies Position habe (Beine angezogen, Arme um die Beine geschlungen, Kopf
zwischen den Knien vergraben), das war die erste Position gestern, und ich sitze
irgendwo, ganz zusammen gekauert, und will eigentlich bloß, dass das nicht
mehr da ist, was da ist. Und das bin ich.
Th: Und spür mal, in welchen Situation in Deinem Leben so ganz tief kein
Vertrauen da ist, oder Angst vor Nähe oder was immer Dein Papa für Dich...
Kl: Oh ja, immer! Immer! Immer wenn jemand... immer wenn jemand...
Th: Erzähl es Deinem Papa, wie es sich ausgewirkt hat, auf Dein Leben, sag
es ihm! Sag es ihm!
Kl: Also, es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder, jemand hat mich wirklich
geliebt, dann durfte der von mir aber körperlich nix wollen, oder jemand
hat mich nicht geliebt und dann konnte mit dem Sex machen. Aber zwischendrin gab
es nix. Es gab nur diese zwei Möglichkeiten.
Th: Genau das ist es, ja.
Kl: Und außerdem, lange Zeit, war für mich sowieso Sexualität
irgendwie... das ist ja irgendwie...
Th: Erzähl es Deinem Papa alles.
Kl: ... das macht keinen Spaß – ich erzähl es ihm – lange
Zeit machts keinen Spaß, hat es keinen Spaß gemacht, und dann....dann...
hab ich mich hingelegt und hab den über mich drüber gelassen. Also echt
nicht.
Th: Kannst Du Dir vorstellen, dass deshalb auch Dein Dornröschen auch nicht
mehr da ist?
Kl: Na klar, die hat voll Schiss vor dem Prinzen.
Th: Ja, klar.
Kl: Logisch! Die kann ja gar nicht da sein! Die hat sich vor dem versteckt! Ha!
Das ist es! Logisch! Die hängt irgendwo! *lacht*, die hat wahrscheinlich
so einen Geheimgang, in dem Zimmer, und da ist sie rein gekrochen, und dann schnell
zu gemacht, damit der sie bloß nicht findet! Ach ja! Gott echt, ja klar!
Und als Du das gesagt hat, dachte ich „Nee, so ein Blödsinn!“,
aber Du hast ja Recht! *weint*
Th: Das heißt, Du bleibst allein.
Kl: Ja, klar, ich bleib alleine! Weil wenn mich jemand wirklich liebt, dann tut
er mir ja weh! *schluchzt*
Th: Guck mal, ob das der tiefe Schmerz ist. Auch bei der Bulimie, auch wenn Du...
Kl: Ja, ich wünsch mir so sehr... ich wünsch mir so sehr... Liebe...
*schluchzt, fängt an zu weinen*, aber das geht ja nicht.
Th: Ja, genau.
Kl: Deswegen bin ich immer einsam, und immer allein. *weint*
Th: Zeig es Deinem Papa! Das ist das, was Dein Papa angerichtet hat. Genau das.
Kl: Ich bin immer allein. Weil die, die mich wirklich lieben würden, die
lass ich ja nicht an mich ran!
Th: Hm, da hast Du Angst vor, ja.
Kl: Die wähl ich gar nicht aus! Und die, die mich nicht lieben, die mich
behandeln wie Scheiße, die nehme ich! Und dann leide ich! Und dann kommt
der große Papa und sagt: „Ha, mit dem musst Schluss machen! Der ist
nicht gut für Dich, der haut Dich bloß!“, und dann macht ich
Schluss, und bin wieder allein. Und der große Papa ist ja nicht da, natürlich,
nicht. Ja, ich bin 33 und ich bin ganz schön allein. Ja, und deswegen...
Th: Schau mal, ob Du Deinen Vater erreicht hast damit, dass Du ihm erzählt
hast, wie es sich ausgewirkt hat. Der müsste ja sehr betroffen sein, weil
er hat ja seine Tochter, letztendlich, ein Stückchen alleine gemacht.
Kl: Der rennt im Kreis gerade.
Th: Wie bitte?
Kl: Der rennt im Kreis. So... *zeigt mit den Händen Kreise* „Das kann
ja gar nicht wahr sein“, der rauft sich die Haare. „Das hab ich nicht
gemacht!“, sagt er, „Das hab ich nicht gemacht! Das hab ich nicht
gemacht! Das wollte ich doch nicht! Das hab ich nicht gemacht! Das wollte ich
doch nicht! Das hab ich nicht gemacht!“, *genervt* Hmpf.
Th: Dann soll er sein Kind auf den Arm nehmen, dann sieht er ja, ob das Kind Vertrauen
zu ihm hat. Dann sieht man es ja.
Kl: Probier... genau! Probier es doch mal! Gehe doch mal hin und versuch doch
mal, die Kleine hier auf den Arm zu nehmen, mal gucken, ob das geht.
Th: Das Normalste von der Welt: Der Papa nimmt seine Dreijährige Tochter
auf den Arm, die Tochter freut sich wie wahnsinnig...
Kl: Ja!
Th: ... und guck mal, was sie macht...
Kl: Ja... *lacht*... gute Idee! Super Idee! Mach das mal! Komm! Mach mal! Das
will ich nämlich sehen! JA! Schach matt! SCHACH MATT! Die haut ab! Die will
NICHT zu ihm! Null! Vergiss es! Die hat überhaupt keine Lust da drauf. *verneint*
Th: Genau das ist es auch wenn Du einen Mann kennen lernst, der Dich liebt, der
was von Dir will, wo es intim werden könnte, liebevoll werden könnte,
zwischen Euch, dann hauste ab. Die Kleine haut ab, die hat Angst.
Kl: Hm. Oder aber, derjenige verspricht mir, dass er von mir körperlich...
ich hab ja meinen Mann geheiratet, unter der Bedingung, dass wir keinen Sex haben.
Also, unter der Bedingung.... ich hab gesagt, ob es o.k. ist, ob er mich trotzdem
heiratet... er hat mich dann trotzdem geheiratet, also ohne sexuelle Attraktivität,
war er, für mich.
Th: Ja.
Kl: Das war wichtig, sonst hätte ich ihn nicht geheiratet. Wenn der sexuell
attraktiv gewesen wäre, dann hätte ich nicht geheiratet. Ich hab ihn
nur geheiratet, weil er es nicht war.
Th: Das heißt, er erinnert Dich nie an Deinen Schmerz, nie an Deine...
Kl: Nee, der ist genau das Gegenteil von meinem Vater. GENAU das Gegenteil. Rund,
weich, verständnisvoll – mit dem kann man reden, wie ein Freund –
zuhören... er hört zu, hört zu, hört zu...ewig lang... das
ist genau das Gegenteil. Und ein Kind haben wir nur gekriegt, weil ich getrunken
habe. Wenn ich betrunken war, konnte ich auch Sex haben. Mal, einmal... einmal
im Jahr. Und einmal im Jahr Sex reicht und dann bin ich schwanger. Zack bumm.
Th: Guck mal, was Dein Papa dazu sagt, wenn er das jetzt wahr nimmt, wie es sich
ausgewirkt hat.
Kl: „Deina Pföts!“, das ist ja so ein dummer Satz, also, das
sagt er immer.
Th: Was sagt er?
Kl: Das ist so fränkisch, ja? Deine, Deine... Hirngespinste, auf deutsch
gesagt, er sagt das auf fränkisch „Deina Pföts“, sagt er.
Deine... solche dummen Ideen, so ein Schwachsinn, so ein Krampf, und sagt er immer
„Deina Pföts!“. „Was Du Dir da einbildest!“
Th: Also ein Teil in Dir will nicht glauben, dass Dein Vater das wirklich gemacht
hat.
Kl: Das sagt er zu mir! Er sagt... ja... das sagt er zu mir. ER sagt das zu MIR.
Ja. Hm.
Klar, logisch.
Th: Gut, dann frag ihn mal, warum das kleine Kind vor ihm Angst hat. Was hat er
ihr noch getan?
Kl: Ja, ich hätte doch bei ihm im Bett geschlafen, sagt er jetzt, so ich
älter war, und die Mutter war tot, und da hab ich doch auf der Mutter ihrer
Seite geschlafen und ich hätte ihm doch Nachts die Hand gegeben.
Th: Ja. O.k. Frag ihn mal, ob da noch was passiert ist? Frag ihn mal, jetzt kann
er alles erzählen, jetzt sind wir eh dran, haben ihn eh aufgeweckt. Frag
ihn mal, guck mal, was passiert.
Kl: Papa, war da noch mehr? Er will nix sagen.
Th: Ah ja. Wenn Du auf der Mutter ihrer Seite geschlafen hast, dann denkt er ja
fast, Du wärst seine Ehefrau. Vielleicht energetisch für ihn gewesen...
vielleicht zeitweise auch nur... frag ihn! Keine Ahnung.
Kl: Da nickt er. Das war ich schon immer. Das kam auch bei der Hellinger –
Aufstellung raus. Da hat mich die Frau angeschrieen, und hat geschrieen: „Das
ist doch Dein Kind und nicht Deinen Frau!“, hat sie ihn angeschrieen, ihn!
Ach, und jetzt, als ich dort war – das letzte mal, als ich dort war –
war ich total schön her gerichtet, wunderschön... sah einfach gut aus,
ich hab mir selber gefallen, da sagt doch der tatsächlich, und glaubst Du
es, da hab ich gedacht „Was ist denn das jetzt?“, sagt der doch zu
Marlene... wie war das noch mal... ich weiß es nicht mehr, ich weiß
nur noch das, was er gesagt hat: „Die sieht geil aus!“, ich sehe geil
aus, hat er gesagt. *ungläubig*
Th: Da hat er wahrscheinlich seine Frau in Dir gesehen. Also seine ehemalige,
Deine Mama, hast ihn erinnert.
Kl: Wääh *angewidert*
Th: Wie alt ist Dein Vater jetzt? Heute?
Kl: Mein Papa ist, der hat ja jetzt erst gerade Geburtstag gehabt, 65igsten.
Th: Gut, dann stell ihn zur Rede. Frag ihn, ob er mit Dir als Kind auch noch was
angefangen hat, jetzt ist er gerade da. Weil das ist auffällig, wenn Du ab
der Hüfte runter tot bist und dann... Deine Weiblichkeit ist nicht da und
Du bist am kotzen... das ist eigentlich immer eine Sehnsucht nach dem Papa.
Kl: Jetzt sag ich: Nö. Aber das sag jetzt ich. Papa..... seit dem Tod meiner
Mutter nicht mehr, sagt er. Kam jetzt als erstes in meinen Kopf.
Th: Frag: Stimmt das? Und guck, ob er nickt oder mit dem Kopf schüttelt.
Kl: Papa, stimmt das? Seit dem Tod meiner Mutter nicht mehr? Jetzt macht er so
(Kopf nicken) und so (Kopf schütteln) gleichzeitig, also Du bist ja echt
blöd.
Th: Gut, also beides ist richtig.
Kl: Ich will... wie wenn er.. den Kopf.. kannst ihn gleich drehen! Was soll denn
das jetzt heißen?
Th: Ja, gut, er soll es Dir zeigen! Er soll es Dir zeigen. Wenn Du noch bereit
bist? Also ich will Dir jetzt nix überstülpen – es kann auch sein,
es reicht für heute – guck mal, ob Du bereit bist. Ob Du noch was wissen
willst, von ihm. Wenn ja, dann frag jetzt, weil jetzt ist er gerade da, und jetzt
kannst Du gerade nachfragen. Müssen wir sowieso alles aufdecken. Das kommt
sowieso alles nachgerutscht.
Kl: mmmhhh *überlegt*, nö, ich will nix mehr wissen, heute. *verneint*,
das ist o.k. ich will es nicht noch näher wissen.
Th: Dann kümmere Dich mal um die Kleine, das ist das aller wichtigste.
Kl: Ja. Ja, die ist da immer noch, krabbelt da verloren irgendwo rum. *atmet erleichtert
aus*, ach Gott, mein kleines Butzel...
Th: Ja.
Kl: Och Gott, och man, jetzt bin ich wieder in dem Traum...
Th: In welchen Traum bist Du denn?
Kl: Wo sie mir sie bringen.
Th: Erzähl mir den noch mal! (spielt Musik ein)
Kl: Ich bin in dem Traum, wo sie weg ist, und ich kann nix tun, und sie ist weg
und ich hör sie nur schreien, schreien, schreien, schreien. Und dann bringen
sie mir sie zurück, und dann ist sie halb tot, und die Beine sind so rot,
bis hier (zeigt auf die Körpermitte)... und das Kind ist total gebrochen,
zerbrochen....
(Musik spielt, Unterhaltung ist unverständlich)
Th: Rede mit ihr, oder kümmere Dich um sie... und wenn Du willst, kannst
Du auch Dein Kind mit hinzu holen, das hilft immer ganz gut, schau mal, ob Dein
Kind vielleicht auch mit ihr spielen will...
(Spielt liebevolle Musik ein)
Kl: *weint, hält das Kind (Decke) und weint*, *hält es ganz fest und
drückt es an sich*
- nach einiger Zeit lässt Ulla das Kind los und fängt an, sich im Gesicht
zu berühren. Ganz vorsichtig, die Lippen, die Wangen, die Augenbrauen...
ihre Stirn... und wieder ihren Mund usw. -
Th: Ja, was passiert? Du spürst Deinen Körper?
Kl: Ja.
Th: Und? Wie fühlt sich das an, im Körper zu sein?
Kl: Das ist gut! *lacht* Ja! Ich hab Finger... ich hab ein Gesicht, einen Mund...
Th: Und spürst Du Deine Beine?
Kl: *hält ihre Beine, wie ein kleines Kind es tut, angewinkelt, mit den Händen
an den Füssen, macht Strampelbewegung*
Th: Und? Alles dran? *lacht*
Kl: *lacht auch*, ja, Ich hab Beine! Guck mal! Guck mal! Die kann ich bewegen!
Ich kann mich bewegen!
Th: Zeig es Deinem Papa von damals, dass Du Deine Beine, und die Bewegung, Dein
Körpergefühl, Dir wieder zurück geholt hast. Er hat das nicht für
ewig weg machen können. Irgend ... so was ähnliches.
Kl: Guck mal, Papa, ich bin wieder in meinem Körper drin! Guck mal! Guck
es Dir mal an, komm mal her... Aber komm mir nicht zu nah! *in scharfem Ton*
Aber guck es Dir mal an, o.k.? Nimm genügend Abstand und guckst es Dir an!
Guck mal. Das hab ich jetzt gemacht.
Th: Das ist toll, Du hast Dich wieder zurück geholt in Deinen Körper,
das ist ganz toll.
Vielleicht war das auch Deine Sehnsucht, warum Du dann so viel gegessen hast und
dann gekotzt hast.
Kl: Ich lieb doch meinen Körper, eigentlich... was heißt eigentlich?
Ich lieb ihn!
Th: Sag es ihm.
Kl: Ich lieb meinen Körper.
Th: Ich lieb Dich.
Kl: Ich lieb, ich lieb Dich, Körper.
Th: Ja.
Kl: „Oh man, das hab ich ihm schon lange nicht gesagt!“, sagt er!
Th: *lacht*
Kl: *lacht erleichtert*, ja, o.k., aber jetzt sag ich es Dir ja! „Ja, endlich!“
, aaahh.... *atmet erleichert aus*, schööön... aah, ich spür
mich! Aaah...
Th: Jetzt müsste sogar Dein Dornröschen irgendwo auftauchen.
Kl: Hab ich ein Dornröschen?
Th: Na ja, guck mal, ruf sie mal, vielleicht taucht sie irgendwo auf?! Oder Deine
innere Frau.
Kl: Also, wenn ich jetzt so guck, ne, so hinter so einer Schranktür.... so
ganz... so guckt sie da *zeigt wie Dornröschen hinter der Schranktür
hervorlugt*..
Th: So nach dem Motto „Ist die Luft sauer?“
Kl: *lacht*, komm raus! Bin nur ich hier! Komm raus. Die traut sich gar nicht
richtig, aber die kommt schon raus jetzt. Aaaah. Klar hab ich ein Dornröschen!!
Th: Ja, klar. *lacht*
Kl: *lacht herzlich*
Th: Das war nur abgetaucht... ist schon richtig.
Kl: *lacht*, aaah, super!
Th: Jetzt soll sie sich ins Bett legen, und dann kannst Du sie noch mal wach küssen
und dann ist alles ganz normal.
Kl: Ach ja! Aaah.... ja, die ist jetzt da, die kann sich auch da hin legen...
aber nur, wenn ich sie gleich wecke, also nicht hundert Jahre liegen lassen, oder
so...
Th: Ja, die Zeit ist eh abgelaufen, also die Zeit ist rum, jetzt ist Aufwachen
angesagt.
Kl: Ach ja, *lacht*, ja, die blinzelt schon, die gar nicht richtig so tun, als
ob sie schläft. Die blinzelt so. Ja, ich gehe hin. Komm, steh auf! Komm her,
komm! Ja. Die sitzt jetzt auf dem Bett. Mein Gott, ich bin total froh, dass Du
jetzt da bist. Ich hab schon gedacht, ich find Dich nie! Du warst in dem komischen
Wasser da drin und ich hab gedacht Du bist da irgendwie... ich hab echt gedacht,
ich find Dich nie!
Th: Im Wasser hat sich Dein Bild gespiegelt, aber jetzt ist sie da, die war nur
versteckt.
...... Kassette ist zu Ende.... Am Ende reitet der Prinz mit Dornröschen
in seinen Armen noch über die Wiesen... dann kommt Ulla zurück und strahlt.